Wegesruh, vor der Amtsstube des Ordens der Hexenjäger, vor ein paar Tagen...
Man könnte meinen, die Bilder gleichen sich, Geschehenes würde sich wiederholen, als ein berittener Bote aus Dolchsturz sein Pferd vor der Amtsstube des Ordens der Hexenjäger zum Stehen bringt.
Kurz geht der Blick des Reiters gen wolkenverhangenen Himmel, aus dem am heutigen Tage wohl kein Regen fällt.
Vor Monaten, als er schon einmal im Auftrage seiner Herrin Serina Orlos hier eintraf, um eine Botschaft zu überbringen, wurde er von schlechtem Wetter und viel Regen empfangen.
Ob es damals wohl ein Zeichen war?
Er kennt den Inhalt der Nachricht natürlich nicht, weiß aber, dass es einmal wieder um Marc Delacroix geht, den Säufer.
Kurz das Gebäude durch das Visier seines Helms, steigt dann ab und übergibt die Nachricht zu Händen Kommandantin Vivienne Lorans.
Es dauert nur einen Augenblick, ehe der Gerüstete wieder sein Pferd besteigt.
Er ist froh, schon bald wieder den Rückweg antreten zu können und Wegesruh hinter sich zu lassen, doch will er seinem Tier eine kurze Pause gönnen und steuert die Stallungen an.
Sitz des Ordens der Hexenjäger, nahe Wegesruh, ein paar Tage später...
In seinem Kopf flackern wie wild die unterschiedlichsten Bilder auf, völlig zusammenhangslos und total durcheinander.
Immer wieder sieht er sie, Serina, seine ehemalige Herrin, in die er wohl auch verliebt ist, was er natürlich nie zugeben würde.
Daneben tauchen andere Bilder auf, explosionsartig und nicht schön.
Tote Körper, geschunden und geschändet.
Bilder des Todes, von Schlachten, die nie hätten stattfinden sollen und vom Gräuel, der am Ende stets die einfachen Leute trifft.
Er träumt und es sind immer Träume, die ihn nassgeschwitzt erwachen lassen und ihn daran erinnern, dass ihn seine Taten irgendwann einholen werden.
Wirre Träume im Suff.
Dieses Mal erwacht er aber aus einem anderen Grund.
Eric Howe, Hauptmann der Kompanie Eisenfaust, der ihn hier einst auf Bitten seiner Herrin im Orden einstellte, schüttet kaltes Wasser auf den schlafenden Delacroix.
Im Nu ist er wach, reißt die Augen auf, gefolgt von einem leichten Hustenanfall.
Er weiß im ersten Moment gar nicht, wo er gerade ist.
Es riecht nach Tier, nach Pferd, um genau zu sein.
Und es riecht nach Alkohol.
Marc Delacroix hat einmal wieder zur Flasche gegriffen und ist am Ende hier, stockbesoffen, im Stall im Stroh eingeschlafen.
Howe hat nach ihm gesucht und ihn also hier gefunden.
Das bedeutet nichts Gutes, weiß Marc, als er sich mühsam aufrappelt und auf Geheiß von Howe nach vorne tritt.
Hauptmann Howe findet Marc schlafend im Stall.
Eric Howe ist nicht alleine.
An seiner Seite erkennt Marc eine Frau, eine Bosmer, die er allerdings nicht kennt.
Sie sagt nicht viel, überlässt dem Hauptmann das Reden.
Howe war eine ganze Zeit weg.
Man munkelte schon, es hätte ihn bei einem Einsatz erwischt.
Marc war immer nur hier, innerhalb dieser Mauern und fristete ein Dasein zumeist als Stallbursche.
Zumindest hat er es so gesehen.
Kein Einsatz, dem man ihm zutraute.
Nicht einmal als Begleitschutz.
Er hat es als Strafe für seine Sünden empfunden, dafür, dass er dem Wein verfallen ist und jedem Weiberrock hinterher jagte.
Und für die Dinge, die er als Soldat tat und auf die er nicht stolz ist.
Nun kann er kaum seine Augen aufhalten und steht mit Kopfbrummen und ungepflegtem Haar vor Eric Howe, der ihm sicher eine ordentliche Standpauke halten wird.
Was muss er wohl in diesem Moment für ein jämmerliches Bild abgeben?
Doch Howe ist zunächst gar nicht so streng, spricht ruhig und fast väterlich und ist wohl eher enttäuscht ob des Scheiterns von Marc.
Als er dann ein Schreiben seiner ehemaligen Herrin Serina Orlos erwähnt, die ihn wohl wieder aufnehmen würde, erhellt sich in diesem Moment dann doch die Miene von Marc.
Serina hat ihn wohl noch nicht ganz aufgegeben, denkt er sich.
Er schrieb ihr vor Wochen, flehte fast schon darum, ob sie nicht für ein gutes Wort einlegen könne, damit er diesem Orden verlassen kann.
Nun hat sie also reagiert.
Innerlich keimt in Marc wieder Hoffnung auf, dass alles wieder so werden wird, wie es einmal war.
Marc muss Hauptmann Howe und seiner Begleiterin Rede und Antwort stehen.
Als Eric Howe ihm dann aber in ruhigen aber klaren Worten erklärt, dass der Orden keine Verwendung mehr für ihn hat, wird er wieder auf den Boden der Tatsachen geholt.
Einerseits freut es ihn, dass er hier endlich weg kann, doch andererseits zeigt es einmal wieder, dass er gescheitert ist, dass er versagt hat.
Howe hat es gut mit ihm gemeint.
Er wollte nur das Beste, ihn den rechten Weg weisen.
An ihm lag es nicht.
Er war es, der es verbockt hat.
Wieder einmal.
Als er dann geht, seine Sachen zu packen, hat sich Howe bereits wieder abgewendet.
Mit Versagern sollte man keine weitere Zeit vergeuden.
Nur ein kurzer Blick Marc hinterher, dann wendet sich Howe wieder wichtigeren Dingen zu.
Er hat es nicht anders verdient, denkt sich Marc und macht sich auf, die Heimreise gen Dolchsturz anzutreten...