Es war eine Ironie
der Geschichte: einst errichtet, um die Feinde von Dolchsturz fern zu
halten, war der Ilessanische Turm nun ein Unterschlupf für jene, die
Händlern und Reisenden von und nach Dolchsturz auflauerten und sie
überfielen. Wie sehr die Stadtwachen sich auch bemühten, immer
wieder kehrten die Rotkrähen zurück, um den Turm als Stützpunkt zu
nutzen.
Etwas, was die
Gefährten nur bestätigen konnten. Sie hatten sich von Dolchsturz
aus auf den Weg zum Ilessanischen Turm gemacht, und als sie am Ziel waren, brauchte es nicht
viel Kenntnis in Spurenlesen, um zu sehen, dass erst vor kurzem
mehrere Personen die Ruinen aufgesucht hatten.
Nach kurzer Absprache wurde beschlossen, dass Liniphia und Finlas,
der sich kurzerhand und ohne zu fragen der Gruppe angeschlossen
hatte, das Gewölbe unterhalb des Turms erkunden sollten. Vielleicht
konnten sie in Erfahrung bringen, ob Namir in die Hände der
Rotkrähen geraten war – und wenn ja, ob er noch lebte. Ulfrik,
Aaravos, Ghin, Sylvatica, und Marion Tremblay hielten derweil am
Eingang des Turms Wache. Und die war auch bitter nötig. Es dauerte
nicht lange, bis eine Gruppe Banditen in die Nähe des Turmes kam.
Unschlüssig, ob sie es wagen sollten, die gut bewaffneten Abenteurer anzugreifen, hielten sie sich vorerst hinter Felsen und Gebüschen
zurück.
Die beiden Bosmer, die in das Gewölbe unterhalb des Turms geschlichen waren, bekamen davon vorerst nichts mit.
Es dauerte nicht lange, bis Liniphia und Finlas auf einen ersten Wachposten der
Rotkrähen stießen, an dem sie sich noch vorbeischleichen konnten. Doch je tiefer sie in das Gewölbe eindrangen, desto
deutlicher wurde, dass es hier von Wegelagerern nur so wimmelte.
Schnell mussten Liniphia und Finlas einsehen, dass sie nicht weit
kommen würden. Ein Kampf gegen so viele Gegner wäre aussichtslos,
und selbst mit ihren Schleichkünsten würde man sie rasch entdecken.
Von Namir fehlte
weiterhin jede Spur, doch gerade, als die beiden Waldelfen wieder umkehren
wollten, konnten sie ein paar Worte zwischen zwei Rotkrähen
aufschnappen. Die Banditen fluchten und ärgerten sich über ein
Bandenmitglied, eine Späherin. Die Späherin sollte auf einen
Gefangenen aufpassen, einen rothwardonischen Gelehrten. Stattdessen
hatte sie den Gelehrten kurzerhand entführt und zu allem Überfluss
auch noch ein wertvolles magisches Buch gestohlen. Der Anführer der
Rotkrähen kochte vor Wut. Doch keiner traute sich, die
Verfolgung aufzunehmen, seitdem klar war, dass die abtrünnige Späherin ihren Gefangenen zu den Wyrdhexen verschleppt hatte. Keiner
der Banditen war bereit, sich mit Hexen anzulegen.
Liniphia und Finlas
tauschten zufriedene Blicke aus. Sie hatten Namir zwar nicht gefunden, aber es gab immerhin einen neuen Hinweis. Gerade, als die beiden Bosmer still
und heimlich den Rückzug antreten wollten, mussten sie feststellen,
dass ihr Rückweg durch eine neu hinzugekommene Wache versperrt war.
Kämpfen kam nicht in Frage, also musste ein Ablenkungsmanöver her.
Sie warfen einen Stein, der die Aufmerksamkeit der Rotkrähen in die
entgegengesetzte Richtung der beiden Waldelfen lenkte, gefolgt von
einem brennenden Pfeil, der einige Kisten entzündete. Schnell gab es
ein großes Durcheinander, das die beiden Bosmer nutzten, um zu
entkommen. Doch gänzlich unbemerkt blieben die beiden nicht. Zwei
Banditen hatten die Eindringlinge doch noch bemerkt und verfolgten sie, so dass
den Bosmern nichts übrig blieb, als das letzte Stück bis zum
Ausgang so schnell wie möglich zu rennen.
Kaum waren Liniphia
und Finlas wieder oben, stolperten sie geradewegs in den nächsten
Kampf rein. Die Rotkrähen, die an der Oberfläche zurück zum Turm wollten, hatten
beschlossen, es mit den Gefährten aufzunehmen. Die teils völlig
unerfahrenen Banditen, die bei ihren Überfällen immer nur auf verängstigte
Bauern und Händler gestossen waren, hatten es mit einer gut
eingespielten Gruppe von Kämpfern und Magiern zu tun. Entsprechend
war es ein ungleicher und blutiger Kampf, und ein recht kurzer noch
dazu. Die beiden Bosmer bekamen gerade noch das Ende des Kampfes mit, als die letzten noch verbliebenen Rotkrähen ihr Ende fanden.
Rasch teilten Liniphia und Finlas den Gefährten mit, dass sie von weiteren Banditen verfolgt wurden.Der Eingang zum
Gewölbe wurde eiligst verbarrikadiert, bevor die Gefährten sich von
Liniphia und Finlas kurz und knapp erzählen liessen, was die beiden in Erfahrung bringen konnten. Die Gruppe war sich nach kurzer Beratung schnell
einig: zurück nach Dolchsturz, um Vorbereitungen für die nächste
Reise zu treffen – zu den Wyrdhexen von Beldama.
Es sollte vorerst ein Rätsel bleiben, warum eine Rotkrähe ihre eigenen Leute verriet und Namir mitsamt einem magischen Buch entführte. Und warum sie ausgerechnet die Wyrdhexen aufsuchte.